Wettbewerbsverbote für Gesellschafter: Das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot

In der Beratungspraxis ist häufig die Frage anzutreffen, ob Gesellschafter, die an einer GmbH, Kommanditgesellschaft, OHG etc. beteiligt sind, einem Wettbewerbsverbot unterliegen, d. h., ob sie sich – zulässigerweise – an einem anderen (Konkurrenz-)Unternehmen beteiligen oder sich ggf. in derselben Branche selbstständig machen dürfen.

Für Arbeitnehmer und Geschäftsführer ist ein Wettbewerbsverbot für die Zeit ihrer Beschäftigung und Tätigkeit unbestritten.

Nachfolgender Fall, der der anwaltlichen Beratungspraxis entnommen ist, mag die Problematik verdeutlichen:

A ist an der X-GmbH zu 25 % beteiligt und gleichzeitig auch Mitarbeiter der GmbH. Irgendwann versteht er sich nicht mehr mit dem Geschäftsführer. Es kommt zum Streit, insbesondere auch deshalb, weil der Geschäftsführer ihn für unfähig erachtet. A legt die Arbeit nieder und kündigt ordnungsgemäß das Arbeitsverhältnis, bleibt jedoch weiterhin Gesellschafter der GmbH. Danach gründet er ein eigenes Unternehmen, ein sogenanntes Konkurrenzunternehmen in derselben Branche und ist mit diesem Konkurrenzunternehmen sehr erfolgreich. Es gelingt ihm, zahlreiche Kunden der GmbH auf sein neu gegründetes Unternehmen umzuleiten. Der Arbeitsvertrag mit A wurde mündlich abgeschlossen. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote wurden nicht vereinbart.

Die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, fragt, ob man sich die Konkurrenztätigkeit des Mitgesellschafters gefallen lassen müsse. Im Gesellschaftsvertrag ist hinsichtlich eines Wettbewerbsverbotes der Gesellschafter nichts geregelt.

Ergänzend stellt sich die Frage, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn es sich bei der Gesellschaft nicht um eine GmbH, sondern um eine KG, OHG oder GbR handelt.

1. WETTBEWERBSVERBOTE IM GMBH-RECHT

Das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot ist Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die die Gesellschafter der Gesellschaft schulden. Das gilt für alle Gesellschaftsformen, auch für die GmbH. Aus dieser Treuepflicht kann sich eine mitgliedschaftliche Unterlassungspflicht auf Vornahme von Wettbewerbshandlungen ergeben.

Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter nach GmbH-Recht besteht nur dann, wenn der betreffende Gesellschafter bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. Das ist u. a. dann der Fall, wenn er gleichzeitig Geschäftsführer ist oder wenn die GmbH insgesamt betont personalistisch strukturiert ist.

Ein Minderheitsgesellschafter kann keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben.

Eine 50 %-Beteiligung allein reicht auch noch nicht aus. Bei einer höheren Beteiligung muss allerdings von einem bestimmenden Einfluss gesprochen werden.

Soweit der Minderheitsgesellschafter gleichzeitig auch Geschäftsführer ist, muss man einen bestimmenden Einfluss ebenfalls wohl bejahen. Allerdings dürfte es darauf nicht ankommen, da der Gesellschaftergeschäftsführer schon allein aufgrund seiner Funktion als Geschäftsführer einem Wettbewerbsverbot unterliegt.

Für den eingangs dargestellten Fall lässt sich somit feststellen, dass A als Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 25 % keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hat, zumal er als Arbeitnehmer bereits ausgeschieden ist und sich seine „Beteiligung“ an der GmbH auf die bloße Innehabung der Gesellschafterfunktion beschränkt. Dem A kann somit die Ausübung einer Wettbewerbstätigkeit nicht aufgrund seiner Gesellschafterfunktion untersagt werden.

2. WETTBEWERBSVERBOTE IN DER OHG

Die Gesellschafter der OHG unterliegen einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot, das sich aus § 112 HGB ergibt. Es handelt sich insoweit um die gesetzliche Regelung eines wichtigen Interessenkonfliktes zwischen den Gesellschaftern. Das Verbot ist Ausprägung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Aus der Treuepflicht ergibt sich die Pflicht, die Geschäftschancen der Gesellschaft zu fördern und nicht zu beeinträchtigen. Das Wettbewerbsverbot gilt grundsätzlich für alle Gesellschafter der OHG, unabhängig davon, ob sie geschäftsführend sind oder nicht. Das Wettbewerbsverbot gilt für die Gesellschafter nur für den Zeitraum der Innehabung der Gesellschafterfunktion. Nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft besteht das Wettbewerbsverbot nicht mehr, soweit nicht gesellschaftsvertraglich etwas anderes vereinbart wurde.

3. WETTBEWERBSVERBOTE IN DER KG

In der Kommanditgesellschaft unterliegt nur der persönlich haftende Gesellschafter, der Komplementär, einem Wettbewerbsverbot. Für die Kommanditisten ist ausdrücklich in § 165 HGB geregelt, dass Wettbewerbsverbote auf sie, die Kommanditisten, keine Anwendung finden.

Das gilt zumindest dann, wenn die Kommanditisten sich auf die Innehabung ihrer Kommanditistenstellung beschränken.

Etwas anderes gilt, wenn ausnahmsweise dem Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis übertragen wird. Das Gleiche soll auch dann gelten, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditist maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Kommanditist eine Mehrheitsbeteiligung hält. Maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat ein Kommanditist auch, wenn er Zugang zu Informationen aus dem Geschäftsbereich und dadurch faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft hat. Hier ist der jeweilige Einzelfall genau zu prüfen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die bloße Innehabung einer Kommanditistenstellung kein Wettbewerbsverbot auslöst, sodass in unserem Ausgangsfall der A eine Wettbewerbstätigkeit ausüben darf.

4. WETTBEWERBSVERBOTE IN DER GBR (GESELLSCHAFT BÜRGERLICHEN RECHTS)

Ein gesetzliches Wettbewerbsverbot zu Lasten der Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR, kann dem Gesetz, §§ 705 BGB ff., nicht entnommen werden. Ein gesetzliches Konkurrenzverbot gibt es daher nicht.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die GbR bei Ausweitung des Geschäftsbetriebes in eine OHG hineinwachsen kann, sodass dann das gesetzliche Wettbewerbsverbot der OHG zum Tragen kommt.

Allerdings können vertragliche Wettbewerbsverbote im Rahmen des GbR-Gesellschaftervertrages vereinbart werden.

5. FÜR ALLE GESELLSCHAFTSFORMEN GILT, DASS WETTBEWERBSVERBOTE VERTRAGLICH VEREINBART WERDEN KÖNNEN.

Vertragliche Wettbewerbsverbote können für den Zeitraum der Gesellschafterstellung vereinbart werden, aber auch für den darüber hinaus gehenden nachvertraglichen Zeitraum. Insoweit ist im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote zulässig sind.